Die Heiserkeit ist die uniforme Reaktionsmöglichkeit des Kehlkopfes auf viele verschiedene Veränderungen im Stimmapparat.
Daher muss jede Heiserkeit, die länger als 14 Tage besteht, HNO-ärztlich abgeklärt werden!
In erster Linie durch eine Laryngoskopie (Kehlkopfspiegelung) und Lupenlaryngoskopie (Spiegelung mittels einer vergrößernden Lupe), die gehörmäßige Beurteilung der Stimme durch einen erfahrenen Untersucher, eventuell weiterführende Maßnahmen wie: Stroboskopie, Stützautoskopie (Untersuchung des Kehlkopfes in Narkose mittels Auflichtmikroskop)
Hinter einer Heiserkeit können sich die verschiedensten Erkrankungen verbergen:
1.a. Kehlkopfentzündung in der Form einer akuten Kehlkopfentzündung
Die akute Laryngitis oder Kehlkopfentzündung tritt üblicherweise im Rahmen einer viralen Infektion der oberen Luftwege auf. Laryngoskopisch zeigen sich gerötete, geschwollene Stimmlippen. Das geänderte Schwingungsmuster verursacht den typischen rauhen heiseren Stimmklang, eventuell mit Stimmabbrüchen. Die akute Laryngitis bietet im allgemeinen keine diagnostischen Probleme, jedoch werden nicht selten Rötungen der Stimmlippen, wie sie bei funktionellen und hormonellen Stimmstörungen auftreten können, als Laryngitis fehl interpretiert. Die akute Laryngitis heilt üblicherweise mit Abklingen des Infektes in ein bis zwei Wochen folgenlos aus. Die wesentliche therapeutische Maßnahme ist die Stimmschonung. Stimmschonung heißt "nicht sprechen". Flüstern ist unbedingt zu vermeiden, da dies zu einer unphysiologischen Kehlkopfbeanspruchung führt. Wenn gesprochen werden muss, dann stimmhaft, aber leise und ohne Druck. Eine stimmliche Überforderung trotz bestehender Laryngitis kann zu tiefgreifenden Schäden der Schleimhaut, Muskulatur oder zum Aufbau funktioneller Stimmstörungen führen und so zum Ausgangspunkt für eine andauernde Stimmstörung werden, insbesondere zu funktionellen Fehlkompensationen, so dass Patienten in Stimmberufen (Lehrer/innen, Erzieher/innen) bei Kehlkopfentzündungen krank geschrieben werden sollten.
1.b. Kehlkopfentzündung in der Form der chronischen Laryngitis
Als ursächliche Faktoren stehen bei der chronischen Laryngitis äußerliche Schadstoffeinwirkungen (an erster Stelle das Rauchen, aber auch Alkoholabusus, trockene, staubige Luft u.a.), Erkrankungen der oberen Luftwege (chronische Sinusitis, chronische Bronchitis) sowie mangelnde Stimmhygiene im Vordergrund.
Die Behandlung der chronischen Laryngitis ist langwierig und oft unbefriedigend. Vordringlich ist das Einstellen des Rauchens. Es gibt aber auch chronische Laryngitiden bei Nichtrauchern! Wichtig sind regelmäßige HNO-ärztliche Kontrollen, um insbesondere bei den hyperplastischen Formen mit Leukoplakien die Entwicklung einer bösartigen Geschwulst rechtzeitig zu erkennen. Von besonderem Wert ist hierbei die stroboskopische Untersuchung, da aus dem geänderten Schwingungsverhalten bei der Stimmgebung eine Tiefeninfiltration frühzeitig zu erkennen ist und damit unnötige Probeentnahmen aus der Stimmlippe in vielen Fällen vermieden werden können.
2. Stimmlippenpolypen Stimmlippenknötchen Stimmlippenzysten
2.a. Stimmlippenpolypen
Sie treten oft nach einer akuten Laryngitis auf bei zusätzlicher und gleichzeitiger unökonomischer Überforderung des Kehlkopfes, z.B. Schreien in einem lauten Festzelt bei bestehender Kehlkopfentzündung. Stimmlippenpolypen zeigen ein variables Bild in Lokalisation, Form und Größe bzw. Ausdehnung. Symptome sind Heiserkeit, Druckgefühl und z.T. Räusperzwang. Therapeutisch bleibt nur die Abtragung mittels Stützautoskopie und oft eine postoperative Stimmtherapie, wenn sich durch die Fehlbelastung der Stimme eine hyperfunktionelle Stimmstörung eingestellt hat (s.u.), die durch die Operation nicht beseitigt werden kann.
Stimmlippenpolyp rechts vorne
2.b. Stimmlippenknötchen
Definition
Umschriebene Verdickungen am Übergang des mittleren zum vorderen Stimmlippendrittel infolge Stimmüberlastung oder falscher Sprech- oder Gesangstechnik als Folge einer funktionellen Stimmerkrankung (s. dort); häufig bei Pädagogen, Hobbysängern, hyperaktiven (Kindergarten-) Kindern. Knaben sind häufiger betroffen als Mädchen, allerdings verschwinden die Knötchen bei Jungen eher in der Pubertät als bei Mädchen. Als Therapie muss primär eine gezielte Elternberatung über stimmhygienische Maßnahmen stattfinden. Therapie erfolgt überwiegend konservativ mit logopädischer Stimmübungsbehandlung ab der Pubertät. Operationsindikationen nur wenn trotz logopädischer Therapie weiterbestehende, funktionell erheblich beeinträchtigende Phonationsknötchen (Mikrolaryngoskopie und mikroskopgestützte Entfernung), bei Kindern seltene, sehr strenge Indikationsstellung!
3. Reinke-Ödem
Dies ist eine Sonderform der chronisch-hyperplastischen Laryngitis mit Ödemen in der Stimmlippenschleimhaut. Fast überwiegend sind rauchende Frauen betroffen. Die Stimme wird tiefer, brummig.
Therapie: Abtragung in Stützautoskopie und postoperativ oft logopädische Therapie, wobei der Verzicht auf Nikotin wichtige Vorbedingung für die Operation ist, da sonst die Ödeme wiederkommen! Es handelt sich aber nicht um eine Vorstufe von Kehlkopfkrebs.
4. Kehlkopfkrebs (Stimmlippen-Karzinom )
Symptome
- Heiserkeit,
- Kloßgefühl und Schluckstörungen nur in fortgeschrittenen Fällen,
- Halslymphknotenvergrößerungen (Metastase)
Befund bei der Lupenlaryngoskopie
Knotenbildung, Geschwüre oder Infiltration im Bereich einer anfangs noch gut beweglichen Stimmlippe. Zunehmender Verlust der Stimmlippenelastizität und -beweglichkeit.
Karzinom der rechten Stimmlippe
Prävention
Für alle Tumoren des Nasen-Hals-Bereichs sind hochgradige Risikofaktoren:
Chronischer Tabak- und Alkoholkonsum
Sanierungsbedürftige Zähne, mangelnde Mundhygiene
Berufliche Exposition: Holz-, Zement-, Asbeststaub, Chrom- und Nickeldämfe, Schwefelsäuredämpfe, Dieselabgase, organische Lösungsmittel etc.
Ernährungsfaktoren: Mangel an Vitamin A, ß-Carotin, Riboflavin, Vitamin C sowie den Spuren-elementen Spurenelementen Zink und Selen
Therapie
abhängig von der Größe des Tumores bei der Diagnosestellung, reicht von alleiniger Bestrahlung über Teileingriffe bis hin zur kompletten Kehlkopfentfernung.
5. sog. funktionelle Stimmstörungen
Funktionelle Dysphonien sind Krankheiten der Stimme, die durch eine Störung des Stimmklanges und der stimmlichen Leistungsfähigkeit gekennzeichnet sind, ohne daß sich krankhafte, primär organische Veränderungen am Stimmapparat nachweisen lassen
Funktionelle Dysphonien können im Sinne eines "Zuviel" (hyperfunktionelle Dysphonie) oder eines "Zuwenig" (hypofunktionelle Dysphonie) auftreten.
Ursachen
Entsteht meist durch stimmliche Belastung bei gleichzeitig falscher Stimmtechnik. Auch Möglichkeit der psychogenen Mitauslösung, oft mit Globussymptomatik verbunden. Logopädische Behandlung ist oft erforderlich.
Hyperfunktionelle Dysphonie
Sie ist die häufigste funktionelle Stimmstörung und entsteht durch einen unökonomischen Stimmgebrauch. Dabei werden als subjektive Beschwerden Mißempfindungen und Schmerzen unterschiedlichen Grades im Hals- und Kehlkopfbereich angegeben. Zusätzlich bestehen häufig Räusperzwang, Mundtrockenheit sowie frühzeitige Stimmermüdung. Die Atmung ist im Sinne einer Hochatmung gestört. Die Stimme klingt rau, belegt, heiser, gepreßt und knarrend. Die Stimmeinsätze sind hart, die mittlere Sprechtonhöhe ist erhöht. Letztlich kann auch eine allgemeine Verspannung (Unterkiefer-, Hals-Nacken-Muskulatur) vorliegen.
Typisch für die hyperfunktionelle Dysphonie ist eine muskuläre Kontraktion der Supraglottis bei der Phonation. Bei extremer Hyperfunktion kann es zu einer Annäherung und zum Kontakt der Taschenfalten in der Mittellinie kommen. Diese beginnen - ähnlich den Stimmlippen - im Ausatmungsstrom zu schwingen und erzeugen eine tiefe, rauhe und knarrende Taschenfaltenstimme. Neben dieser unerwünschten therapiebedürftigen Form gibt es eine erwünschte Taschenfaltenstimme, nämlich dann, wenn die Stimmlippen durch Erkrankungen, Operationen schwingungsunfähig sind.
Hypofunktionelle Dysphonie
Die Symptomatik der hypofunktionellen Dysphonie ist gekennzeichnet durch eine leise und behauchte Stimme mit geringer Steigerungsfähigkeit und matter Klangfarbe sowie durch geringen Muskeltonus. Sie entwickelt sich nicht selten aus einer hyperfunktionellen Stimmstörung. Manchmal liegen gleichzeitig hyper- und hypofunktionelle Symptome vor.
Wenn die Stimmstörung hauptsächlich durch funktionelle Ursachen bedingt ist, wird Sie der Hals-Nasen-Ohren-Arzt/Phoniater an eine Logopädin überweisen. Mit Hilfe der Logopädin können Sie durch gezielte Stimmübungen die falschen Stimmfunktionsmuster beheben, so dass die Leistungsfähigkeit der Stimme gesteigert wird. Voraussetzung für eine erfolgreiche Stimmübungsbehandlung ist die Bereitschaft aktiv mitzuarbeiten und die gemeinsam mit der Logopädin erarbeiteten Übungen selbständig durchzuführen und im Alltag anzuwenden.
6. Stimmlippenlähmungen
Kehlkopflähmungen
Schädigungen des Nervus vagus (X. Hirnnerv) mit seinen beiden Ästen führen zu Kehlkopflähmungen. Als Ursache kommen eine Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen in Frage. Am häufigsten treten Kehlkopflähmungen nach Operationen bzw. Traumen im Halsbereich (vor allem Strumaoperationen), bösartigen Tumoren (Bronchial-, Schilddrüsen-, Oesophaguskarzinome) und "idiopathisch" (heute vorwiegend mit Virusinfektionen in Zusammenhang gebracht.
Lähmungen des Nervus laryngeus inferior (Nervus recurrens)
Sein Ausfall führt zur Aufhebung der respiratorischen Beweglichkeit der betroffenen Stimmlippe. Bei einseitigen Lähmungen besteht eine Heiserkeit deren Grad je nach der Position der gelähmten Stimmlippe von kaum bis stark variieren kann. Je weiter die Stimmlippe in der Mittellinie steht, desto besser ist der Glottisschluß und desto besser ist auch die Stimmgebung. Beidseitige Lähmung führt zu starker Atemnot, macht z.T. einen Luftröhrenschnitt erforderlich!
7. Psychische Störungen
Auch die Psyche hat starken Einfluß auf die Stimme, beginnend bei leichten Heiserkeiten bis hin zur Stimmlosigkeit („Es hat ihm die Sprache verschlagen“). Im Deutschen haben Stimme und Stimmung nicht umsonst den gleichen Wortstamm!